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Giga Reinhardt, verstorbener Rechtsprecher süddeutscher Sinti, sah die Zukunft seiner Leute nicht rosig:


„Manchmal glaube ich, dass es schon bald keine Sinti mehr geben wird. Unsere Heimat ist auch die Vergangenheit. Aber die jungen Leute wissen nichts mehr von früher, sogar die wenigen Alten, die noch unter uns sind, vergessen, was sie einst erlebt haben, vergessen und begraben, welche Leiden sie getragen, welche Freuden sie gesehen haben. Und sie erzählen den Jungen nichts mehr. Und die Jungen erfahren nichts mehr von den Alten.“  [1]

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Ethnographische und ethnohistorische Forschungen über Zigeuner [2] in Deutschland sind im Vergleich zu Forschungen über Zigeunergruppen im Ausland völlig unterrepräsentiert, was einerseits an der spezifischen deutschen Geschichte, andererseits aber auch an der bisher mangelnden „Begeisterung“ der einheimischen Sinti und Roma dafür liegt. Historische Forschungen über Zigeuner in Deutschland haben überwiegend (wenn auch nicht nur) die NS-Zeit im Blick – „Verfolgungsgeschichte“, so als wäre es die Lebensaufgabe von Zigeunern, die ewigen Opfer zu sein.

Diese einseitige „Aufgabenzuschreibung“ wird von der sogenannten „Antiziganismusforschung“ unterstützt bzw. sie zieht daraus ihre Daseinsberechtigung. Über die Verfolgungsgeschichte hinaus, so wichtig sie natürlich auch ist, sollte das „normale“ Zusammenleben der Zigeuner mit ihren Mitbürgern, ihren sozialen Beziehungen zur Mehrheitsgesellschaft Thema sein.

Allerdings ist festzustellen, daß das Interesse an der eigenen Geschichte etwa bei Sinti und Lovara (Rom) und „jugoslawischen“ Roma in Deutschland wächst. [3] Lediglich am Institut für Ethnologie an der Universität Leipzig hatte sich vor einigen Jahren ein Schwerpunkt Tsiganologie entwickelt, der jedoch mittlerweile der Vergangenheit angehört. [4]

Dabei wäre Leipzig als  einer Brücke zu Osteuropa gerade dafür besonders geeignet. Andererseits lebt die überwiegende Mehrheit aller Sinti, Roma, Jenischen und anderer Zigeuner im Westen der Republik, mit einem besonderen Schwerpunkt im westlichen NRW, zudem hat sich die tsiganologische Beschäftigung in Leipzig bisher kaum auf Zigeuner in Deutschland erstreckt.

Forschung über Zigeuner war in Deutschland bislang immer nur marginal, wie auch die Forscher – gleich ihren „Forschungsobjekten“ – marginalisiert und diffamiert worden sind. Zwar haben sich hier und da einzelne Wissenschaftler an dieser oder jener deutschen Universität eine Zeit lang schwerpunktmäßig mit Zigeunern beschäftigt, doch kann das natürlich nicht ein Institut ersetzen, daß allein diesen Fokus hat.

Davon abgesehen wird hier und da von verschiedenen ideologisch festgelegten Institutionen und Verbänden eine Forschung betrieben, die entsprechende Ergebnisse produziert.

Diese Webseite zur Geschichte und Ethnographie von Sinti, Rom(a) und anderen Zigeunergruppen in Deutschland kann natürlich solch ein notwendiges Institut nicht ersetzen, will jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten ohne das ideologische Korsett irgendwelcher Interessengruppen möglichst realitätsbezogene Informationen und damit sowohl Nicht-Zigeunern als auch Zigeunern eine Alternative zu anderen Angeboten bieten.  

Es wird von der Überlegung ausgegangen, daß sicherlich immer noch weitgehend fehlendes Wissen, Halbwissen oder falsche Informationen eine wesentliche Ursache noch bestehender Diskriminierungen [5] von Zigeunern ist.

Auch wenn bisher das kollektive Trauma bei deutschen Zigeunern einem „Erforscht werden“ entgegen gestanden hat, so wird das jetzt schon erkennbare Interesse bei einer jüngeren Generation an eigener Geschichte und Traditionen weiter wachsen. Gerade unter den in Deutschland geborenen und/oder aufgewachsenen Roma Südost- und Osteuropäischer Herkunft, die weder die Diskussionen über ein Für und Wider der Erforschung ihrer Kultur und Geschichte noch die diese Diskussion dominierenden Institutionen kennen, haben ein reges Interesse an einer derartigen Forschung und wünschen sich zur Verwirklichung fachliche Unterstützung.

Ein gewisser regionaler Schwerpunkt der ethnohistorischen Beschäftigung liegt z. Zt. auf dem Rheinland. Eingeladen mitzumachen ist aber jeder, der sich in dem hier vorgezeichneten Rahmen wiederfinden kann.


[1] Zitiert nach: Heinz G. Schmidt: Die Zigeuner kommen! – Markus Reinhardt entdeckt sein Volk. Wien 2007, S.85.

[2] Was die Gründe für die Verwendung des von manchen Kreisen abgelehnten Sammelbegriffs „Zigeuner“ angeht – nicht nur in historischen Zusammenhängen – so soll dies hier nicht weiter ausgeführt, stattdessen auf die Argumentation verwiesen werden, die sich auf der folgenden Webseite findet: http://www.rbenninghaus.de/zigeuner-begriff.htm

[3] Immerhin gibt es an deutschen Universitäten Fächer wie Malaiologie, Indologie, Japanologie u.ä.. Und die nationale Minderheit der Sorben – obgleich mit ca. 60.000 Menschen zahlenmäßig kleiner als die Zigeunerbevölkerung in Deutschland – hat im Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig eine universitäre Institution, die sich mit Sprache und Literatur dieser ethnischen Gruppe beschäftigt. 

[4] Es hatte sich allerdings ein Verein gebildet, das „Forum Tsiganologische Forschung“der das Begonnene nach Emeritierung des die dortige Tsiganologie begründeten Institutsleiters noch eine kurze Zeit weitergeführt hat.

[5] Ob alles, was sogenannte Antiziganismusforscher als „antiziganistisch“ bzw. diskriminierend bezeichnen, tatsächlich Diskriminierung ist, darf in nicht wenigen Fällen durchaus bezweifelt werden.


Seite eingerichtet am: 6. Januar 2012

Letzte Ergänzung: 1. Januar 2020 (Umzug zu WordPress)